Die zuletzt angestiegene Inflation ist das globale Schreckgespenst unserer Tage und bestimmendes Thema in den Medien der letzten Wochen und Monate. Nicht nur Investoren und Unternehmer machen sich große Sorgen um die zuletzt stark gestiegene Teuerungsrate in Europa und den USA. Auch wir als „Otto Normalverbraucher“ bekommen gestiegene Preise an der Tankstelle, im Supermarkt und spätestens bei der Nebenkostenabrechnung kräftig zu spüren. Jede Inflation bedeutet einen realen Kaufkraftverlust, wenn die Löhne und Gehälter nicht im gleichen Maße mitziehen. Und das tun sie in den seltensten Fällen. Doch während wir die Teuerung zwar spüren, ist die Entwicklungen dennoch verschmerzbar. Ganz anders in Kuba, wo eine galoppierende Inflation seit Monaten an die Substanz der Bevölkerung geht. Denn für die Kubaner ist seit der Währungsreform Anfang 2021 der Alltag zum echten Überlebenskampf geworden.

Das Leben auf Kuba ist aufgrund der Inflation sehr hart

Das Leben auf Kuba ist aufgrund der Inflation sehr hart (Foto: Casa1902)

Ursachen der Inflation in Kuba

Einflüsse von außen

Die Währungsreform kam zur Unzeit für Kuba, nachdem der Tourismus auf dem Inselstaat mit Beginn der Corona-Pandemie 2020 in die Knie ging. Nach einem zarten Öffnungsversuch Ende 2020/Anfang 2021 hat die kubanische Regierung zur Eindämmung der Pandemie und Umsetzung der eigenen Impfkampagne einen monatelangen Lockdown verordnet. In der Folge ist der Tourismus als wichtige Deviseneinnahmequelle defacto zum Erliegen gekommen.

Das von den USA verschärfte Embargo gegen Kuba limitierte parallel lebensnotwendige Überweisungen von Exilkubanern aus dem Ausland an ihre kubanischen Familien. Und die Schließung der Western Union Filialen auf Kuba unterbrachen zusätzlich wichtige Devisenströme ins Land. In der Folge trockneten die kubanischen Devisenbestände schnell aus.

Wie Cubaheute berichtet, war „die Verfügbarkeit von Devisen bereits vor Beginn der Währungsreform prekär, weshalb der Staat Ende 2019 mit dem Verkauf von Produkten in Fremdwährung (auf Kuba „MLC, moneda libremente convertible“, frei konvertierbare Währung genannt) begonnen hat.“ Ein Teil der Einnahmen fließt natürlich zurück in die Warenbeschaffung für die MLC-Läden, dient aber auch, wie Marcel Kunzmann weiter ausführt, „zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung und des Angebots in den Peso-Geschäften“, in den die Kubaner mit ihrem Libreta einkaufen.

In MLC Läden werden Importwaren nur gegen Dollar verkauft

In MLC Läden werden Importwaren nur gegen Dollar verkauft (Foto: Casa1902)

Kuba steht wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand

Obwohl Kuba klimatisch geradezu gesegnet ist und über weite Agrarflächen verfügt, hat es die kubanische Regierung über Jahrzehnte nicht geschafft, die Bevölkerung aus heimischer Produktion zu ernähren. Dass eine staatliche geregelte Planwirtschaft nicht funktioniert und als gescheitertes Wirtschaftsmodell gilt, kennen wir aus der eigenen Geschichte nur zu gut. Auf meiner ersten Kubareise 2012 teilte uns der Reiseleiter stolz mit, dass Kuba in 5 Jahren aus Lebensmittelimporte verzichten wird und umfassende Reformen eingeleitet wurden. Zehn Jahre später befindet sich die kubanische Landwirtschaft nach wie vor in einem desolaten und ineffizienten Zustand. Ochsenkarren statt Traktoren bestimmen das ländliche Bild.

In der Folge müssen selbst für die Peso-Läden Lebensmittel gegen harte Devisen aus dem Ausland importiert werden. Wenn es die Waren überhaupt mal gibt, stammt Reis oft aus Brasilien oder China, Zucker sogar aus Frankreich und Hähnchen landen über Drittländer aus den USA in den kubanischen Libreta-Geschäften.

Die Zuckerproduktion erreichte auf Kuba ein historisch geringes Niveau

Die Zuckerproduktion erreichte auf Kuba ein historisch geringes Niveau (Foto: Casa1902)

Während Kuba 1989 selbst noch 8 Mio. Tonnen Zucker produzierte, sank die Quote in den letzten 5 Jahren auf gerade einmal 1,2 bis 1,4 Mio. Tonnen des weißen Golds. In 2021 solle die Produktion sogar unter eine Tonne gefallen sein (Quelle: Reuters). Kaum zu glauben, aber die ehemalige Zuckerinsel muss selbst Zucker importieren. Fehlende Investitionen in marode Maschinen und veraltete Zuckermühlen können meines Erachtens nicht nur auf das Embargo geschoben werden.

Unbekannt ist, wie teuer der sogenannte nicht-produktive Konsum der öffentlichen Hand ausfällt. Darunter fallen vor allem die Bereiche die Bereiche des Innenministeriums, wie Landesverteidigung, Polizei und Geheimdienst.

Zumindest gibt es Viandas, also Agrarprodukte wie Yuca, Malanga, Kartoffeln und Kochbananen, an fast jeder Ecke in Kuba zu kaufen.

Agrarprodukte wie Yuca, Malanga, Kartoffeln gibt es häufig

Agrarprodukte wie Yuca, Malanga, Kartoffeln, aber auch Kohl gibt es häufiger (Foto: Casa1902)

Der Schwarzmarkt blüht

Zu den verschiedenen Ursachen der Inflation auf Kuba kommt verschärfend hinzu, dass die Regierung notgedrungen US-Dollar (und Euro) dem Inlandszahlungsverkehr entzieht, da die Devisen für Warenbeschaffung und Bedienung von Krediten dringend benötigt werden. Damit trifft es die Kubaner knüppelhart, da ihre Löhne ausschließlich in Peso ausgezahlt werden, aber wichtige Grundnahrungsmittel nur gegen harte Währung in den MLC-Shops zu haben sind. Und keine kubanische Bank tauscht Peso gegen US-Dollar oder Euro. Auch die Geldautomaten spucken nur die inflationäre Landeswährung aus. Denn der Staat hat den Verkauf von Dollar und anderen Fremdwährungen eingestellt.

Somit bleibt der kubanischen Bevölkerung nur der Geldwechsel auf der Straße. Es braucht wenig Vorstellungsvermögen, dass der offizielle Wechselkurs des Pesos von 24:1 de facto nicht mehr existiert. Während das Manager Magazin noch im Dezember orakelte „Kubas Inflation wird Ende des Jahres voraussichtlich bei über 70 Prozent liegen – eine der höchsten Teuerungsraten der Welt.“, wäre man heute über 70% Inflation froh. Fast täglich schraubte sich das inoffizielle Tauschverhältnis in die Höhe. Der Preis des US-Dollars auf dem kubanischen Schwarzmarkt pendelt sich derzeit bei 100 Pesos ein, während ein Euro für 110 CUP zu bekommen ist.